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6 mins

Strafen bei Scheinselbstständigkeit: Beispiele und Schutzmaßnahmen

Recht & Compliance

Autor

Das Deel-Team

Veröffentlicht

06 Februar, 2025

Letzte Aktualisierung

06 Februar, 2025

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
  1. Die Strafen bei Scheinselbstständigkeit hängen von der Unternehmensgröße und dem Zeitraum ab, in dem ein Unternehmen es versäumt hat, Sozialleistungen und Steuern für Arbeitnehmer:innen zu zahlen.
  2. Zu den Strafen gehören Geldstrafen oder Freiheitsstrafen für Steuerhinterziehung oder die Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dies kann auch Jahre rückwirkend geltend gemacht werden.
  3. Neben finanziellen und rechtlichen Konsequenzen kann ein aufgedeckter Fall von Scheinselbstständigkeit, der an die Öffentlichkeit gerät, das Image des Unternehmens nachhaltig schädigen.

In Deutschland hat die Überprüfung von Arbeitsverhältnissen durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren in den letzten Jahren zugenommen. Diese Verfahren legen offen, ob ein Freiberufler faktisch als Freelancer:in tätig ist, oder ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis arbeitnehmerähnlich vorliegt, welches eine Sozialversicherungspflicht nach sich ziehen würde.

Selbstverständlich kann eine Scheinselbstständigkeit auch unbeabsichtigt bestehen. Anderseits kann sie aber auch vorsätzlich erfolgen und bewusstes unternehmerisches Risiko in Kauf nehmen, um zu vermeiden, dass Arbeitnehmer:innen die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitnehmerleistungen wie die Rentenversicherungspflicht zukommen und Lohnsteuern gezahlt werden.

Wenn Freelancer:innen vermuten, dass die Gefahr einer Scheinselbstständigkeit vorliegt, sollten sie Rat bei einem Arbeitsrechtanwalt oder Steuerberater suchen. Darüber hinaus kann man mit Auftraggeber:innnen auch direkt über eventuelle Bedenken sprechen. Sofern keine Einigung erzielt wird, gibt es auch die Möglichkeit, den Fall bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung zu melden. Dazu besteht als Unternehmer die Option der Selbstanzeige.

Was ist der Unterschied zwischen Freelancer:innen und Arbeitnehmer:innen?

Die Arbeitsverhältnisse zwischen Freelancer:innen und Arbeitnehmer:innen unterscheiden sich in folgenden Kriterien voneinander. Freie Mitarbeiter:innen sind für mehr als einen Auftraggeber tätig, legen ihre Arbeitszeiten in der Regel selbst fest, verfügen über eigene Visitenkarten und eine eigene Mail-Adresse. Außerdem zahlen sie selbstverantwortlich Steuern auf Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit. Im Gegensatz dazu arbeiten Angestellte in abhängiger Beschäftigung in einem festen Vertragsverhältnis in der Regel nach einem vom Unternehmen festgelegten Zeitplan und Arbeitsort mit festen Arbeitszeiten, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsanspruch. Sie unterliegen der Sozialversicherungspflicht und sind weisungsgebunden. Ihre Steuern werden direkt vom Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelt und vom Bruttolohn einbehalten. Grenzen zwischen freier und fester Mitarbeit können allerdings von Fall zu Fall durchaus fließend sein.

Wer sich nicht hundertprozentig sicher ist, in welcher Form von Arbeitsverhältnis er sich befindet, hat die Möglichkeit ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu beantragen. Weitere Informationen und Formulare sind auf der Website der DRV erhältlich.

Nachdem wir uns mit den Grundlagen der Scheinselbstständigkeit bei Freelancer:innen befasst haben, wollen wir im Folgenden auf die Strafen bei Scheinselbstständigkeit eingehen und erörtern, wie Sie Ihr Unternehmen vor solchen Umständen schützen können.

Strafen bei Scheinselbstständigkeit

Wird Scheinselbstständigkeit nach § 266a STGB im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, hängt das Strafmaß von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen die Größe des Unternehmens und der Zeitraum, in dem es versäumt wurde, Sozialabgaben und Steuern zu zahlen. Strafen fallen höher aus, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass es sich um vorsätzliche Scheinselbstständigkeit handelt.

Was regelt der § 266a StGB bei Scheinselbstständigkeit?

In Deutschland regelt der § 266a des deutschen Strafgesetzbuchs den Straftatbestand der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Dieser Paragraf soll Festangestellten in Deutschland sicherstellen, dass sie ordnungsgemäß sozial abgesichert sind und dass Arbeitgeber:innen ihren Verpflichtungen zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nachkommen.

Was der Paragraf im Einzelnen regelt:

  • Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a Abs. 1 StGB)

Arbeitgeber:innen, die Sozialversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten nicht ordnungsgemäß abführen, begehen Sozialversicherungsbetrug und machen sich somit strafbar. Dies umfasst Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.

  • Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a Abs. 2 StGB)

Arbeitgeber:innen, die die einbehaltenen Arbeitnehmeranteile nicht an die Sozialversicherungsträger:innen weiterleiten, obwohl sie dazu verpflichtet sind, erfüllen diesen Tatbestand.

  • Falsche Angaben (§ 266a Abs. 3 StGB):

Wer durch unrichtige oder unvollständige Angaben verhindert, dass Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden, begeht ebenfalls eine Straftat.

  • Strafen:

Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren.

In schweren Fällen, wie bei systematischem oder großflächigem Betrug, kann die Strafe höher ausfallen.

Schädigung des Unternehmens-Image

Ein öffentlichkeitswirksamer Fall von Scheinselbstständigkeit, der die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nach sich zieht, kann das Image eines Unternehmens nachhaltig schädigen. Nicht selten veranlasst ein solcher Vorfall die Festangestellten zur Kündigung, um nicht mit einem rufschädigenden Vorfall in Verbindung gebracht zu werden. Freelancer:innen und potenzielle Bewerber:innen nehmen Abstand, wenn nach einer Betriebsprüfung öffentlich wird, dass rechtmäßige Leistungen seitens des Unternehmens nicht erbracht wurden.

Korrekt eingestufte Mitarbeitende können sich aus Solidarität mit fehlerhaft eingestuften Kolleginnen und Kollegen auflehnen. Und in besonders aufsehenerregend anmutenden Fällen möchten Arbeitnehmer:innen möglicherweise vermeiden, mit Unternehmen in Verbindung gebracht zu werden, die in das Thema Scheinselbstständigkeit verwickelt sind, um ihre Chancen auf eine zukünftige Beschäftigung zu wahren.

Warum kümmern sich die Behörden um Scheinselbstständigkeit?

Wenn Unternehmen die Lohnsteuer ihrer abhängig Beschäftigten nicht abführen, passieren zwei Dinge: Erstens verlieren tatsächliche Arbeitnehmer:innen ihren Schutz und ihre Ansprüche, was Behörden in Deutschland verhindern wollen. Zweitens fällt die Steuerlast auf die Freelancer:innen und führt zu Steuerausfällen beim Finanzamt.

Viele falsch eingestufte Freelancer:innen sind sich ihrer steuerlichen Pflichten gar nicht wirklich bewusst und zahlen die fälligen Steuern nicht rechtzeitig oder korrekt. Mit dem Wachstum der Gig-Economy werden unbezahlte Lohnsteuern zu einem wachsendem Problem.

In Deutschland deuten Schätzungen darauf hin, dass etwa 10–15 % der Freelancer:innen möglicherweise in einem Arbeitsverhältnis stehen, das als Scheinselbstständigkeit einzustufen wäre. Bei rund 4,3 Millionen Solo-Selbstständigen in Deutschland entspricht dies einer potenziellen Zahl von 400.000 bis 600.000 Beteiligten. Besonders betroffen sind Branchen wie IT-Beratung, Transport und Logistik, Handwerk sowie kreative Berufe wie Texter oder Grafikdesigner.

Scheinselbstständigkeit wird durch Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung und der Arbeitsgerichte aufgeklärt, die beispielsweise Statusfeststellungsverfahren nutzen, um den tatsächlichen Beschäftigungsstatus zu bestimmen.

Zu einer Scheinselbstständigkeit kommt es in dem Fall, wenn Arbeitnehmer:innen alle Verpflichtungen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses erfüllen wie z. B. zu festen Arbeitszeiten am Arbeitsort erscheinen und projektbezogene Schulungen absolvieren, ohne gesetzlich vorgeschriebene Sozialversicherungsbeiträge zu erhalten.

Die Überführung von Freelancer:innen in ein Beschäftigungsverhältnis mit Weisungsgebundenheit schützt Arbeitgeber:innen vor Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen, gesetzlichen Strafen und Bußgeldern, verbessert die Arbeitsbedingungen und vereinfacht die Zusammenarbeit. In diesem Artikel erfahren Sie, wie.

Wie Sie sich vor Scheinselbstständigkeit schützen können

Grundsätzlich ist die korrekte Zuordnung und Klassifizierung beim Auftragsverhältnis der beste Weg, um sich vor gesetzlichen Strafen und Bußgeldern zu schützen. Ein guter Anfang ist es, wenn Sie den Unterschied zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung kennen. Darüber hinaus sollten Sie Ihre Verträge zum Auftragsverhältnis auf die örtlichen Gesetze abstimmen und von Rechtsexperten überprüfen lassen.

Wenn Sie einen Auftrag über Deel vergeben, können Sie jeden unserer von Experten geprüften Verträge mit unserer KI-gestützten Bewertung der Arbeitnehmerklassifizierung kombinieren, die die relevanten lokalen Gesetze und Präzedenzfälle zur Bewertung der Arbeitnehmerklassifizierung nutzt.

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Deel Contractor of Record gab uns die Gewissheit, dass wir bei der Einstellung von Mitarbeitenden als Freelancer:innen in jedem Teil der Welt auf der sicheren Seite sind. Ich muss mir keine Gedanken mehr über die Einhaltung von Vorschriften machen. Es fühlt sich einfach viel sicherer an.

Chloe Riesenber,

People Specialsist

Im Gegensatz zu anderen Anbietern ist Deel auf die Einhaltung lokaler Vorschriften und Gesetze spezialisiert. Wir verwenden einen Fragebogen zur exakten Klassifizierung von Arbeitnehmer:innen und greifen auf die Hilfe lokaler Experten zurück, um Freelancer:innen auf der Grundlage des Standorts, der Tätigkeitsbeschreibung und der Arbeitsorganisation zu prüfen, korrekt zuzuordnen und einzustellen.

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