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20 min read

Sonderurlaub im Todesfall: Was Arbeitgebende wissen sollten

Employe of Record

Arbeitnehmer

Recht & Compliance

Personalabteilung

Autor

Das Deel-Team

Letzte Aktualisierung

28 April, 2025

Veröffentlicht

28 April, 2025

Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist ein Sonderurlaub?

Gesetzliche Grundlagen (§ 616 BGB)

Rolle von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen

Wer gilt als „nahe Angehörige“?

Dauer des Sonderurlaubs

Antragstellung und Nachweise

Rechtssicherheit und Dokumentation

Was tun, wenn kein Anspruch besteht?

Sonderfall: Trauerfälle im Ausland

Psychische Belastung und Fürsorgepflicht

Tipps für die Umsetzung im eigenen Unternehmen

Fallbeispiele aus der Praxis

Fazit: Strukturelle Klarheit und Menschlichkeit verbinden

Das Wichtigste in Kürze
  1. Bei einem Todesfall naher Angehöriger von Mitarbeitenden können Arbeitgebende Sonderurlaub gewähren. Dabei müssen sie die Gesetzesvorgaben, die Bestimmungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen sowie interne Verfahrensweisen beachten.
  2. Abgesehen von rechtlichen Aspekten müssen Arbeitgebende in so einem Fall mit Fingerspitzengefühl vorgehen und die betroffene Person empathisch begleiten. Das stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden.
  3. Wenn Arbeitgebende all diese Aspekte berücksichtigen, gelingt der rechtssichere Umgang mit solchen Ausnahmesituationen und das Betriebsklima bleibt intakt.

Ein Todesfall im persönlichen Umfeld von Mitarbeitenden ist eine schwierige Ausnahmesituation. Neben der emotionalen Belastung der betroffenen Person stellt sich auch für Arbeitgebende die Frage: Welche Rechte und Pflichten bestehen bei einem Sonderurlaub im Todesfall? Wie können Arbeitgebende sensibel und zugleich rechtssicher handeln? Besteht eine Arbeitspflicht? In diesem umfassenden Leitfaden erfahren Sie, wie Sie angemessen und verantwortungsvoll mit dieser Thematik umgehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten und welche betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten es gibt.

Definition: Was ist ein Sonderurlaub?

Ein Sonderurlaub ist eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung von der Arbeit aus einem außergewöhnlichen, persönlichen Grund. Dazu zählen unter anderem die eigene Hochzeit, die Geburt des eigenen Kindes oder eben der Todesfall naher Angehöriger.

Anders als gesetzlich geregelter Erholungsurlaub dient ein Sonderurlaub dazu, unvorhersehbare, belastende Ereignisse zu bewältigen. Für Arbeitgebende bedeutet das: Sie zeigen Fürsorge, Empathie und soziale Verantwortung – gleichzeitig müssen Sie jedoch arbeitsrechtliche Vorgaben beachten. Betriebliche Abläufe und individuelle Unterstützung miteinander zu vereinbaren, kann ein Balanceakt sein, der Fingerspitzengefühl und eine strukturierte Vorgehensweise erfordert.

Gesetzliche Grundlagen (§ 616 BGB)

Die wichtigste gesetzliche Grundlage bildet § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach haben Arbeitnehmende Anspruch auf eine bezahlte Freistellung (mit Lohnfortzahlung) für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“, wenn sie ohne eigenes Verschulden verhindert sind, ihre Arbeit auszuführen – etwa durch den Tod eines nahen Angehörigen.

Beispiele für solche Fälle:

  • Tod von Ehe- oder Lebenspartner:innen
  • Tod eines Kindes
  • Tod eines Elternteils

Wichtig: § 616 BGB kann vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden – etwa im Arbeits- oder Tarifvertrag. Arbeitgebende sollten daher prüfen, ob in ihren Verträgen Sonderurlaub explizit geregelt oder ausgeschlossen ist.

Außerdem ist zu beachten, dass der Gesetzestext vage formuliert ist: Was als „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ gilt, wurde in der Rechtsprechung zwar in der Regel mit ein bis zwei freien Tagen interpretiert, hängt aber tatsächlich vom Kontext ab.

Rolle von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen

In vielen Branchen regeln Tarifverträge den Sonderurlaub detailliert. Diese Regelungen haben Vorrang vor der allgemeinen gesetzlichen Grundlage und sorgen für Klarheit und Einheitlichkeit im Umgang mit Trauerfällen.

Beispiele:

  • TVöD (Öffentlicher Dienst): 2 Arbeitstage bezahlter Sonderurlaub beim Tod von Elternteilen, Ehepartner:innen oder Kindern
  • IG Metall: Bis zu 3 freie Tage, je nach Verwandtschaftsgrad
  • Pflegebereich: Teilweise bis zu 5 Tage
  • Sonderurlaubsverordnung für Bundesbeamt:innen (SURLV)

Auch Betriebsvereinbarungen (vor allem bei Unternehmen mit Betriebsrat) können Sonderurlaub konkret regeln. Arbeitgebende haben hier Gestaltungsspielraum – gleichzeitig sorgt eine klare Regelung für Rechtssicherheit und Fairness. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Unternehmen mit verbindlichen internen Regelungen für Sonderurlaub seltener mit Unsicherheiten oder Beschwerden konfrontiert sind.

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Wer gilt als „nahe Angehörige“?

Im Zusammenhang mit Sonderurlaub wird regelmäßig vom Tod von „nahen Angehörigen“ gesprochen. Je nach Tarif- oder Arbeitsvertrag kann die Definition variieren. In der Praxis anerkannt ist meist eine verstorbene Person aus dem engen Familienkreis:

  • Ehe- oder Lebenspartner:in
  • Kinder (auch Adoptivkinder und Pflegekinder)
  • Eltern
  • Geschwister
  • Mitunter auch Schwiegereltern und Schwiegerkinder

Entferntere Verwandte gelten dagegen meist nicht als nahe Angehörige.

Tipp für Arbeitgebende: Legen Sie im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung fest, wen Sie als nahe Angehörige definieren. Das schafft Klarheit und Transparenz. Erwägen Sie auch, ob Sie bei sehr engen persönlichen Beziehungen zu geliebten Menschen (z. B. langjährige Lebensgemeinschaft ohne Eintragung) eine erweiterte Einzelfallprüfung zulassen.

Dauer des Sonderurlaubs

Die Dauer des Sonderurlaubs ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. In der Praxis üblich sind:

  • 1 bis 2 Tage bei engen Angehörigen (zum Beispiel für den Tag der Beerdigung)
  • 3 Sonderurlaubstage bei hoher Belastung oder weiter Anreise
  • Bei Bedarf mehrtägige unbezahlte Freistellung (Regelung nach Kulanz)

Große Unternehmen entscheiden sich oft für eine abgestufte Regelung, je nach Verwandtschaftsgrad und Aufwand (z. B. bei Auslandsbestattungen). Es empfiehlt sich, diese gestaffelten Zeiträume intern zu dokumentieren und Führungskräften Handlungsspielraum für die Dauer der Freistellung zu geben.

Antragstellung und Nachweise

Grundsätzlich sollten Mitarbeitende einen Sonderurlaub so früh wie möglich beantragen – auch formlos per E-Mail oder persönlich. Als Arbeitgebender können Sie dann einen Nachweis verlangen, z. B.:

  • Sterbeurkunde
  • Einladung zur Trauerfeier
  • Bestätigung eines Bestattungsunternehmens

Die Anforderung von Nachweisen ist kein Ausdruck von Misstrauen. Es dient lediglich der rechtssicheren Dokumentation. Arbeitgebende sollten hier aber mit Fingerspitzengefühl vorgehen und keine unnötig belastenden Prozesse entstehen lassen. Ein internes Formular zur Beantragung von Sonderurlaub kann den Ablauf für beide Seiten vereinfachen.

Arbeitgebende sollten sich darüber im Klaren sein, dass Sterbeurkunden sensible personenbezogene Daten enthalten (z. B. Geburtsname, Todesursache, letzte Anschrift). Gehen Sie daher sorgsam mit solchen Dokumenten um und beschränken Sie die Einsichtnahme auf das erforderliche Minimum. Eine Sichtprüfung ohne Kopie kann in vielen Fällen ausreichen.

Rechtssicherheit und Dokumentation

Dokumentieren Sie Sonderurlaubsanträge stets sorgfältig – das schützt vor späteren Streitigkeiten. Wichtig sind:

  • Datum des Antrags
  • Begründung
  • Genehmigung mit Dauer

Wenn es interne Leitlinien zum Umgang mit Sonderurlaubsregelungen gibt, können Personalteams und Vorgesetzte sie einheitlich anwenden.

Tipp: Führen Sie ein digitales Personalmanagement-Tool oder eine Excel-Übersicht, in der alle Sonderurlaubsfälle mit minimalem administrativem Aufwand nachvollziehbar dokumentiert sind.

Was tun, wenn kein Anspruch besteht?

Wenn § 616 BGB ausgeschlossen ist oder kein Tarifvertrag gilt, haben Sie mehrere Optionen:

  • Unbezahlte oder bezahlte Freistellung gewähren
  • Regulären Urlaub anrechnen
  • Gleitzeit oder Homeoffice ermöglichen

Bei einem fehlenden gesetzlichen Anspruch bieten Ihnen diese Optionen die Möglichkeit, betroffene Mitarbeitende fürsorglich zu unterstützen. Vor allem bei kleinen Teams, in denen sich ein Ausfall stark bemerkbar macht, kann die flexible Kombination verschiedener Arbeitszeitmodelle hilfreich sein. Man kann beispielsweise zwei Urlaubstage und einen Brückentag mit Gleitzeit kombinieren – eine Situation, die für beide Seiten ein Gewinn ist.

Sonderfall: Trauerfälle im Ausland

Sterben Angehörige im Ausland, verlängert sich die Abwesenheit meist durch Reisezeit, Sprachbarrieren, bürokratische Anforderungen und logistische Organisation.

Arbeitgebende können in diesem Fall folgende Lösungen anbieten:

  • Kombination aus Sonderurlaub und regulärem Urlaub
  • Möglichkeit einer unbezahlten Freistellung
  • Remote-Arbeit
  • Unterstützung durch den Betriebsrat oder die Personalabteilung bei Übersetzungen, Formalitäten und Notfallkontakten

Auch eine betriebsinterne Checkliste für internationale Notfälle kann hilfreich sein.

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Psychische Belastung und Fürsorgepflicht

Ein Sterbefall bedeutet nicht nur organisatorischen Aufwand, sondern ist auch eine emotionale Ausnahmesituation. Arbeitgebende haben in so einem Fall eine Fürsorgepflicht – das heißt, sie sollten die Belastung der Mitarbeitenden ernst nehmen.

Mögliche Unterstützungsangebote:

  • Psychologische Beratung (intern oder extern)
  • Flexible Arbeitszeitmodelle nach der Rückkehr
  • Temporäre Verringerung der Arbeitszeit
  • Gesprächsangebote der Personalabteilung oder von Vorgesetzten
  • Vermittlung zu externen Kriseninterventionsdiensten

Diese Maßnahmen stärken nicht nur das Vertrauen der Mitarbeitenden, sie wirken sich auch positiv auf das Betriebsklima aus. Arbeitgebende, die Unterstützungsangebote aktiv kommunizieren, berichten von höherer Loyalität und geringerer Fluktuation.

Tipps für die Umsetzung im eigenen Unternehmen

Arbeitgebende profitieren bei einem Sonderurlaub im Todesfall von klaren, fairen Regelungen. So sorgen Sie für Transparenz und vermeiden Konflikte:

  • Erfassen Sie Sonderurlaubsregelungen im Arbeitsvertrag
  • Definieren Sie „nahe Angehörige“ klar
  • Erwägen Sie Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat
  • Dokumentieren Sie Anträge und Freistellungen

Es lohnt sich auch, Führungskräfte im sensiblen Umgang mit Trauerfällen zu schulen – Empathie ist hier ebenso wichtig wie rechtliche Klarheit. Führungskräfte sollten wissen, wie sie angemessen kondolieren, Gesprächsangebote machen und emotionale Signale erkennen.

Auch ein internes Dokument mit Fragen und Antworten oder ein Leitfaden für Vorgesetzte kann helfen, im Ernstfall routiniert zu reagieren.

Fallbeispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Ein Mitarbeiter verliert seine Mutter. Der Tarifvertrag sieht 2 Tage Sonderurlaub vor. Für die Rückreise genehmigt die Personalabteilung einen zusätzlichen Urlaubstag – Ergebnis: hohe Mitarbeiterzufriedenheit.

Beispiel 2: Eine Mitarbeiterin verliert ihren Partner und ist psychisch stark belastet. Sie nutzt 2 Tage Sonderurlaub und wird anschließend krankgeschrieben. Die Personalabteilung macht ihr nach der Rückkehr ein Gesprächsangebot und ermöglicht flexible Arbeitszeiten – Ergebnis: Langfristige Bindung trotz Krise.

Beispiel 3: Ein Mitarbeiter der IT-Abteilung verliert seine Schwester im Ausland. Die Firma ermöglicht eine Woche unbezahlten Sonderurlaub plus Remote-Arbeit in der Folgewoche. Zusätzlich wird eine Übersetzungshilfe für die Behörden bereitgestellt – Ergebnis: Dankbarkeit und ein gestärktes Vertrauensverhältnis.

Checkliste für Arbeitgebende: Sonderurlaub im Todesfall
  • Gibt es eine Regelung zu § 616 BGB im Arbeitsvertrag?
  • Ist der Urlaubsanspruch im Todesfall tariflich geregelt oder ausgeschlossen?
  • Sind nahe Angehörige klar definiert?
  • Besteht Klarheit über erforderliche Nachweispflichten?
  • Existiert ein internes Verfahren zur Antragstellung (z. B. ein Formular)?
  • Sind Angebote zur psychischen Unterstützung dokumentiert und wurden sie kommuniziert?
  • Hält sich das Team an eine sensible Kommunikation?
  • Existiert ein Notfallprotokoll bei Todesfällen im Ausland?
  • Sind Führungskräfte geschult im Umgang mit Trauerfällen?
  • Wird Sonderurlaub transparent und rechtssicher dokumentiert?

Fazit: Strukturelle Klarheit und Menschlichkeit verbinden

Ein Todesfall ist eine Ausnahmesituation – sowohl für Mitarbeitende als auch für Arbeitgebende. Ein Sonderurlaub ist in solchen Fällen ein wichtiges Instrument. Betroffene erhalten so Zeit, um zu trauern und sich zu organisieren.

Trauer ist etwas sehr Individuelles – und genauso individuell sollte auch der Umgang damit im Arbeitsumfeld gestaltet werden. Durch klare, rechtssichere Regelungen und eine empathische Haltung schaffen Sie ein vertrauensvolles Arbeitsumfeld. Das ist nicht nur Ausdruck sozialer Verantwortung, sondern auch ein Zeichen moderner Unternehmenskultur.

Nutzen Sie die Möglichkeit, sich als fairer, mitfühlender Arbeitgeber zu positionieren – Ihre Mitarbeitenden werden es zu schätzen wissen. Ein strukturierter und zugleich menschlicher Umgang mit dem Thema Sonderurlaub im Todesfall zeigt: Ihr Unternehmen steht auch in Krisenzeiten hinter seinen Beschäftigten.

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Haftungsausschluss: Die Informationen in diesem Beitrag werden in gutem Glauben und nur zu allgemeinen Informationszwecken bereitgestellt. Wir übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der in diesem Beitrag enthaltenen Informationen.

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